12 April 2015

Individuell

Autofahrer wollen ihrem Auto ja oft gern ein total individuelles Äußeres geben. Dabei handelt es sich beim Gegenstand ihrer Hingabe um ein Objekt, das erst dadurch bezahlbar geworden ist, dass es trotz hoher Komplexität in allergrößten Stückzahlen identisch hergestellt wird.

Die gewünschte Individualität erreichen die einen dadurch, dass sie gleich ein exotisches Mobil kaufen, zum Beispiel aus dem Ausland, hysterisch getunt,  ungewöhnlich motorisiert oder einfach nur das Coupé einer Familienkutsche, welches aber immer noch in zehntausender Stückzahlen produziert wird.

Der kleinere Geldbeutel beschränkt sich auf Anbauteile: Alu-Felgen, Spoiler. Oder eine *besonders* *aufregende* Lackierung. Heute gern als Folie, die man vor dem Verkauf wieder abziehen kann. Sie wollen alle etwas möglichst ungewöhnliches, aber dabei kein *Risiko* eingehen, heißt: Beim Verkauf ein paar hundert Euro weniger erzielen oder erst nach drei Monaten einen Käufer finden. Das ist heute die Definition von Risiko.

Die beinahe kostengünstigste Variante der Individualisierung von Autos ist das Kennzeichen. Gleichzeitig glauben wohl viele, dass ein “sprechendes”  Kennzeichen irgendwie von Humor kündet. In Berlin fahren haufenweise die bekannten SMART-Kleinstwagen mit Kennzeichen wie B-IG oder B-OX herum, das soll vermutlich so etwas wie Fähigkeit zur Ironie zeigen. Oder auch Minis mit B-IG.

Die Berliner BMW-Niederlassung hatte angeblich lange Jahre die gesamte Serie mit B-MW für ihre Kunden reserviert. Wer das verlangt hat sicher Angst, dass sein Wagen nicht als BMW erkannt wird. Nun ja.

Gern genommen wird S-EX aus Stuttgart oder SE-X aus Segeberg. Kulmbacher fahren KU-LT, kürzlich auf einem tiefergelegten Geländewagen (sic!) gesehen: BÖ-SE.

Noch billiger wird die Individualisierung nur mit Aufklebern: “Baby an Bord” mit dem jeweiligen Namen des Sprösslings, Umrisse von Sylt, Rügen oder Sachsen-Anhalt.

Eins der wenigen  subtilen Kennzeichen, die tatsächlich für Geschmack und Ironie zu sprechen scheinen, begegnete dem Großen Bloguator™ neulich in Prenzlberg, angebracht auf einer Allerwelts-Familienkarre:

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