16 Juni 2014

Chronik der Kürbiskriege! Große Städte (3)


Roo-Arr berichtete weiter von der Erzählung des zurückgekehrten Erfinders Rauchender Haufen:

"Und dann wohnt dort in dem dichten Wald wohl auch eine Art Berglöwe, sie nennen ihn den Großen Jaguar. Rauchender Haufen hat ihn nicht selbst getroffen, aber überall stehen Figuren davon, und die sind vielleicht so groß wie unser Berglöwe. Der König nennt sich Jaguarpranke."

"Was für ein Prahlhans! Er sollte sich Jaguarprahlhans nennen!"

"Naja, ich habe mich ja auch Roo-Arr genannt."

"Mach dir nichts draus. Du musst dich nicht schämen, dass du damals so einen Namen gewählt hast. Roo-Arr - das erinnert an den Ruf des Berglöwen, nicht an seine rohe Kraft!"

"Danke. Der König-Gott dort darf aber auch über alles bestimmen. Er ist Herr über Leben und Tod."

"Das bist du doch auch, das ist doch klar, wenn wir dich zum Häuptling wählen."

"Aber unsere Häuptlinge entscheiden über Leben und Tod nur, wenn es absolut notwendig und unumgänglich ist."

"Na sicher. Wann denn sonst?"

"Na: Immer. Aus Langeweile. Um den Königen der anderen Städte..."

"Die haben noch mehr solche ... 'Könige'?"

"Ja, angeblich haben dort alle Städte so einen. Also: Er entscheidet über den Tod von irgendeinem, um dem Nachbarkönig zu beweisen, wie mächtig er ist."

"Das sind doch Barbaren!"

"Und der Nachbarkönig seinerseits lässt dann auch ein paar Menschen umbringen, damit niemand denkt, dass er nicht mächtig ist."

"Glaubst du diese Geschichten wirklich alle?"

Zwar waren sich die Indianer gegenseitig zur Wahrhaftigkeit verpflichtet. Aber selbstverständlich kannten sie Geflunker, Angeberei und Übertreibung. Als guter Medizinmann wusste Fatale Sandale, dass eine noch so übertriebene Geschichte dann glaubwürdig wirkt, wenn der Erzähler nur selbst fest genug daran glaubt. Roo-Arr wusste das allerdings auch.

"Ich würde sie nicht glauben, wenn es nicht Rauchender Haufen gewesen wäre, der sie erzählt hat. Man kann ihn leicht anschwindeln, aber was er gesehen hat, gibt er genau und fehlerfrei wieder."

"Na gut."

"Er sagt sogar, dass sie gefangene Krieger und Sklaven umbringen lassen."

"Das ist doch unfair!"

"Sie tun das nur so aus Tradition, weil gerade ein Feiertag ist. Oder weil es eine Weile nicht geregnet hat."

"Aber das ändert doch nichts am Wetter!"

"Das wollen sie anscheinend nicht einsehen. Und weil sie Leute ungestraft umbringen können, tun sie es auch. Rauchender Haufen hat auf dieser Reise viel gelernt."

"Du meinst: Er war schwer schockiert über die Schlechtigkeit der Welt?"

"Genau."

"Und was hat das jetzt mit meinem Kater zu tun?"

"Du hast doch vom ganz großen Wasser gehört?"

"Du meinst den Salzsee?"

"Nein, das andere, das auch salzig ist, aber viel weiter als der Salzsee, unendlich."

"Ich habe davon gehört, war aber noch nie dort."

"Lange hat man erzählt, dass dort kurz hinter dem Horizont die Welt zu Ende ist. Es gibt eine Klippe, und dahinter geht es hinunter, wie bei uns oben am Rand vom Canyon, nur viel größer."

"Ja und?"

"An dieser Theorie kann etwas nicht stimmen."

"Das kommt oft vor bei Theorien..."

"Es ist wohl so, dass von dort, aus der Richtung der untergehenden Sonne, wo es immer hieß, dass dort nichts als eine steile Kante ist, Boote herkommen."

"Du meinst, dass sie die die ganze Klippe hinaufgetragen haben?"

"Ich meine, dass es keine Klippe gibt. Keine Kante, kein Canyon, kein Abgrund."

"Das würde einiges erklären."

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