26 Juli 2013

Ferne Welten - Geschichten aus der Zukunft (3)


Heute: Nächste Ferne (3)

“Sehen sie. Deshalb habe ich unsere Forschungsergebnisse ein wenig bereinigt.”

“Sie haben was?”

“Hier gibt es nichts, wofür sich irgendein finanzstarker Konzern von der Erde interessieren würde.”

“Aber ... die hirnlosen Tiere ...”

“Die sind gar nicht hirnlos. Nur ein wenig langsam. Haben sie mir beigebracht.”

“... die Psychopollen ...”

“Ich habe unsere Ergebnisse auch um solche Verunreinigungen ... bereinigt. In dem, was wir zur Erde zurück schicken, ist nichts davon zu sehen. Da kommen die Drogenbosse erst gar nicht auf dumme Gedanken.”

“... und die seltenen Gase hier in der Atmosphäre?”

“Ach Gott, solche Messfehler kann ich doch nicht herausgeben... wie sehe ich denn da als Wissenschaftler aus? Wir haben hier unglaublich reine, frische Luft, mit einem überaus durchschnittlichen Stickstoffanteil. Jedenfalls steht das in unseren Messergebnissen, die stündlich zur Erde geschickt werden.“

“Wie machen sie das? Die Zusammensetzung muss sich doch ändern?”

“Ich habe ein Programm geschrieben. Das sorgt für die nötige Variation.”

“Sie manipulieren die Messergebnisse automatisch?”

“Nun ja...”

“Betrug an unserer Behörde? Mit einem Programm, das sie extra dafür erst schreiben mussten?”

“... nun ja. Nach den übertragenen Ergebnissen ist hier jedenfalls nichts wertvolles in der Luft.”

“Und die seltenen Erden? Erst gestern hat mir der Ingenieur ein Memo über eine riesige Lagerstätte gleich da drüben gegeben. Die ist so viel wert wie ein halber Kontinent! Das wird auf der Erde dringend gebraucht!”

“Natürlich, um Mobiltelefone und Armbanduhren daraus zu bauen.”

“Das alles wollen sie der Erde nicht melden? Die werden ganz von selbst danach suchen!”

“Für die Rohstoffkonzerne ist dieser Planet seit unseren Berichten komplett uninteressant. Die anderen sind nicht leistungsfähig genug und ohnehin zu geizig. Und alle zusammen wissen nicht im geringsten, wo sich dieser schöne Planet befindet. Sie suchen ja ganz woanders.”

“Sie sind sich ja erstaunlich sicher.”

“Bin ich. Nach allem was ich jetzt weiß, haben wir unglaubliches Glück gehabt, im Rahmen einer astronomisch geringen Wahrscheinlichkeit. Niemand hätte auch nur ansatzweise gedacht, dass man relativistisch dermaßen weit reisen kann. Hundertzwölf statt zwölf Lichtjahre. Wir hätten sonstwo einschlagen können!”

“Sind wir aber immerhin nicht.”

“Es ist ein unbeschreiblicher Zufall, dass wir trotz aller Bemühungen unserer Raumfahrtbehörde noch leben. Die beschäftigen Trottel mit der Programmierung unserer lebenswichtigsten Einrichtungen!”

“Sie sind ein Pessimist.”

“Richtig. Nur mal angenommen, dass wir es bis zurück nach Hause schaffen: Ich werde denen nicht sagen, wo wir wirklich waren. Sie doch sicher auch nicht.”

“Naja, ich müsste nicht. Aber wenn sie uns drauf kommen?”

“Der Ingenieur wird es ihnen nicht sagen, der redet schon hier nicht. Auf der Erde gibt es noch deutlich weniger Leute als hier, die ihn für voll nehmen. Und wir sind hier nur zu dritt. Und wenn sie und ich es ihnen nicht erzählen müssten die selbst suchen, eine nächste Expedition zu diesem sagenhaft uninteressanten Planeten senden. Dafür sind sie zu geizig.”

“Aber wenn doch ... wenn sie doch einmal den anderen Exoplaneten, den an unserem ursprünglichen Ziel, besuchen, dann wird ihnen doch der Unterschied auffallen! Dann wollen die doch sicher wissen, woher das kommt?”

“Wenn schon. Wir wissen ja auch gar nicht, wo wir waren. Das sagen schon unsere Logbücher. Wir sind einfach nur da hin geflogen, wohin der Tippfehler, nein: Das Rechenergebnis des Praktikanten uns verschlagen hat. Da kommen die nie im Leben drauf.”

“Meinen sie.”

“Der Praktikant ist inzwischen bestimmt Honorarprofessor an einer technischen Universität. Oder Wissenschaftspolitiker. Wer will die wirren Gedankengänge von so einem nachvollziehen? Keine Sorge: Es ist wie mit den Wikingern und Amerika - für die nächsten sechshundert Jahre war erst einmal Ruhe. Und dieser schöne Planet namens Frankensteins Zoo bleibt die nächsten zwanzig Generationen von Menschen unentdeckt. Unerforscht. Unbekannt. Dank unseres Einsatzes!“

“Na wenn sie meinen. Es fällt mir schwer ihnen zuzustimmen. Aber sinngemäß ist das, was sie da tun, Naturschutz, Käptn. So lange niemand hierher findet.”

“Bestenfalls vermessen sie einen hässlichen staubigen Klumpen in zwölf Lichtjahren Entfernung von der Erde. Ich will sehr hoffen, dass sie dann enttäuscht sind.”

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