08 September 2011

Technik

Ich fürchte fast, Technik Skeptik wird eine neu Rubrik. Na, vielleicht auch nicht.

Letztes Wochenende war ich in einem Leihwagen vom großen Autokonzern aus dem deutschen Südwesten unterwegs. Das Autochen war ein kleiner Transporter, fuhr gut, hatte keinen überflüssigen Schnickschnack und erfüllte seinen Zweck. Im Großen und Ganzen. Es gab nämlich eine anstrengende Seltsamkeit: Die Innenraum-Beleuchtung.

Seit einigen Jahren geht die Innenbeleuchtung bei Autos nicht mehr einfach an, wenn die Tür auf ist, und aus, wenn die Tür zu ist. Sondern.

Sondern es gibt so seltsame Ein- und Ausblend-Effekte. Das kennt man aus der Musik, und auch da war es schon nervig: Fade-Out statt einfach Schluss. Ein- und Ausblend-Effekte mögen eine theoretische Grundlage haben - wo auch immer die liegt - aber genau betrachtet sind sie bestenfalls überflüssig. In diesem Fall nicht nur das, sondern sie stören bei der Nutzung des Fahrzeugs.

Das Innenlicht eines gewöhnlichen PKW hat meist drei Schalterstellungen: Dauer-Ein, Aus und Tür-abhängig. Wo es keine sinnvolle Beschriftung gab, konnte man früher ganz leicht herausfinden, wie der Schalter funktioniert: Durch Türöffnen. Tür auf → Licht an. Tür zu → Licht aus. So war das früher. Heute nicht mehr.

Heute muss man erst eine, zwei, fünf oder fünfzehn Minuten warten, bis nach dem Türschließen das Licht allmählich aus geht. Oder auch nicht. Dann kann man die andere Schalterstellung probieren. Und dann die dritte. Und das Abziehen des Zündschlüssels ändert am Licht überhaupt gar nichts. In dieser Zeit hat man aber auch die Batterie locker abgeklemmt und ist dann wenigstens ganz sicher. So weit wollten wir beim geliehenen Auto nicht gehen, waren aber kurz davor.

Noch besser - im Sinne von: "Unvorstellbar dämlicher in kaum beschreiblichem Ausmaß" - war aber die Leuchte des Laderaums.

Der Laderaum beim bewussten Fahrzeug hat keine Fenster. Dadurch kann man weder durch einen Innenspiegel nach hinten sehen, noch den üblichen Radfahrerblick anwenden, sondern muss sich auf die Außenspiegel verlassen - das Fahren wird erheblich gefährlicher, dafür spart der leasende Unternehmer nochmal gute 20 Euro für zwei einfache Scheiben. Diese Ausstattung ist beim gewerblichen Kastenwagen heute nämlich üblich, solche fahren hier in der Stadt tausende. Aber beim Betätigen von jedem Schalter, Türgriff oder Schloss hört man irgendwo unter dem Blech einen Stellmotor summen. Für vierzig Stellmotoren hat beim Hersteller die Kohle doch gereicht und der Käufer kann sie beim Erwerb auch nicht weglassen.

In den Laderaum kann man also von außen nicht hinein sehen. Als abends das Licht wieder einmal nicht verlöschen wollte, fragten wir uns irgendwann: Wie? Also: Wie mache ich das Licht aus - wo ist der Schalter? In einem übersichtlichen Laderaum mit nackten ungepolsterten Blechen sollte ein Schalter nicht schwer zu finden sein. Dachten wir.

Nach nur einer Viertelstunde der Suche im Betriebshandbuch stellte sich heraus: Der Schalter ist im Führerhaus. Von dort aus kann man ebenfalls nicht in den Laderaum sehen. Der Schalter verfügte sogar über eine Kontroll-Leuchte - die aber wiederum nicht einfach mit Ein und Aus verknüpft war, also, im erwarteten Sinne: Laderaum-Licht ein → Kontroll-Leuchte an, Laderum-Licht aus → Kontroll-Leuchte aus. Sondern es gab keinen erkennbaren Zusammenhang. Vielleicht hätten wir uns nur eine Dreiviertelstunde in den geschlossenen Laderaum setzen müssen um zu erkennen, dass das Licht doch irgendwann aus geht. Zugegeben: Haben wir nicht getan. Sondern lästern hier.

Wir fassen zusammen: Mercedes baut ein Auto, bei dem ein einzelner Fahrer kaum herausfinden kann, ob die Laderaum-Beleuchtung am nächsten Morgen die Batterie leer gesaugt haben wird oder nicht.

Wenn man mich fragt, würde ich schätzen, dass die entsprechende ENTWICKLUNGSABTEILUNG INNENRAUMBELEUCHTUNG beim Hersteller so um die hundert bis zweihundert Leute umfasst. Außerdem würde ich schätzen, dass alle anderen Hersteller genauso unfähige Entwicklungs-Abteilungen haben, bzw. ausschließlich aus so unfähigen Abteilungen bestehen. Aber ich wollte ja ohnehin weniger Autofahren. Freuden des Fortschritts!

2 Kommentare:

DL1SDZ hat gesagt…

Noch schöner sind Warnanlagen in englischen Autos, die losgehen, wenn die Straßenreinigung vorbeifährt. Doch hier half alte Technik: Am Sensor im Innenraum die Stecker ziehen. Jetzt können auch Motten im Auto fliegen ohne dass die Hupe dröhnt.

100 Goldfischli hat gesagt…

Ist das von der Firma, die vom großen Autokonzern aus dem östlichen Süden Deutschlands gekauft wurde?

Hm.

Gibt es in dem Fahrzeug wirklich keinen Warner, der anzeigt, dass am Sensor der Stecker abgezogen wurde?

Ah! Ihr habt vermutlich auch an dem Warner den Stecker abgezogen.

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