15 Juni 2010

Nachtflug

Freitag abend auf dem Wannsee. Den ganzen Tag lang war wüstenmäßig warmer Wind - und keine Zeit. Aber nachts kann man nicht gut segeln - zum einen sieht man nichts vom Wasser und kann leicht eine Fahrwassertonne oder ein anderes Hindernis treffen, Schwimmer, Angelkähne.

Zum anderen die Beleuchtung, die ist auf so kleinen Renn-Booten schwierig - gefordert ist ab Sonnenuntergang ein weißes Rundumlicht an der Mastspitze. So weit jedenfalls der antiquierte Kenntnisstand des Großen Bloguators™. Der ist anscheinend überholt. Nach mehreren unzuverlässigen, aber übereinstimmenden Quellen genügt heute eine funzelnde Taschenlampe irgendwo weiter oben.

Der Bootseigner zieht so eine hoch und da baumelt sie lustig. Oberhalb unseres österreichischen Segelzeichens. Mal sehen, was der Entenschutz dazu sagt, die Wasserschutzpolizei. Die fährt nachts Streife und belehrt mangelhaft beleuchtete Boote, bisweilen kostenpflichtig. Und sie findet einen bestimmt: Sie haben Radar UND Nachtsichtgerät. Aber vielleicht treffen wir sie ja nicht.

Man erkennt sie schon von weitem an ihrer besonders vorschriftsmäßigen Lichterführung. Wenn an einem lauen Sommerabend jemand auf einem Boot ruft "Oh, sieh mal, ein Weihnachtsbaum!", dann kommt da der Entenschutz. Im verballhornten Amtsdeutsch WaSchPo.

Beim Ablegen steht der durchaus ausreichende Wind ein wenig ungünstig genau auf die sehr kurze Sliprampe, der Berichterstatter verfehlt sie und plumpst erst zweimal bis zum Hals ins Wasser, bevor abgelegt werden kann. Wenigstens ist das Wasser nach den heißen Tagen angenehm warm.

Wir segeln ab Sonnenuntergang bis in die völlige Dunkelheit, Wassertemperatur 23° und stetiger schöner Wind, genau richtig um über den See zu heizen. Heizen wir also. Und sehen einen Weihnachtsbaum. Der fährt auf uns zu.
"Du, ich glaube, da ist die Polizei..."
"Na und?"
"Na, wegen dem Licht..."
"Wirst ja sehen, ob sie uns anhalten."
Try & error im Verkehr. Sie passieren uns im Abstand von drei Bootslängen und halten uns nicht an. Heizen wir also weiter.
"Siehste!"
"Die sind noch nicht außer Sichtweite."
"Ach was!"
"Vielleicht überlegen die bloß so lange..."
"Quatsch! Wirst schon sehen!"
"Vielleicht geben sie uns wenigstens Rabatt wegen dem österreichischen Kennzeichen."
Eine halbe Stunde später fährt der Weihnachtsbaum nochmal dicht an uns vorbei. Wahrscheinlich haben sie sich sehr gewundert:
Auf dem Radarschirm ein rasend schneller Punkt - in der Finsternis ein Segel mit lustig baumelndem Lichtchen am Masttop - und auf dem Nachtsichtgerät in grün auf schwarz zwei Sportler in kompletter Segelmontur mit hysterisch lachenden Gesichtern, die andauernd von der Gischt geduscht werden.

Den Dialog auf dem Streifenboot kann man sich etwa denken:
"Als Segler muss man ziemlich einen an der Waffel haben."
"Da hast du wohl wahr."
Netter Weise sind sie weiter gefahren.





PS: Weil es dem großen Bloguator keine Ruhe ließ und aus reiner Pedanterei hat er nachgeschlagen. Das zuständige Werk heißt BinSchStrO - die Binnenschiffahrtsstraßen-Ordnung, Kapitel 3.13, "Bezeichnung der Kleinfahrzeuge in Fahrt". Man braucht ein weißes Rundumlicht. Und zusätzlich ist ein baumelndes weißes Taschenlämpchen nicht verkehrt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

nachts Korsarsegeln - voll der Neid....

Anonym hat gesagt…

Och, tagsüber ist auch nicht schlecht - dann hat man nachts Zeit für anderes…

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