24 Mai 2010

Zahlungsmoral (22)

eine fast nicht erfundene Geschichte

Was bisher geschah:
Unser ehemaliger Auftraggeber, ein unbegabter Architekt, hat unsere Arbeit nicht bezahlt, weil ihn die Ausgabe reute. Wir zahlen ihm das jetzt heim und sind nicht zimperlich. Auf unerklärliche Weise geht seit neuestem im Büro vieles schief.


...

Irgendwann muss der Steuerberater dem Chef klargemacht haben, dass er nicht ganz so viel persönlichen Gewinn aus dem Büro entnehmen darf. Mein Chef selbst hatte keine allzu großen Ansprüche, außer seinem Auto. Und dem Kredit für das Haus. Er hatte nur eine direkte emotionale Affinität zum Geld: Er mochte es eben sehr gern.

Aber da war ja noch seine Frau, die auf einen ordentlichen Lebensstandard viel Wert legte, Friseur, Feinkostladen, Reisen, gediegenes Essen, Boutiquen. Und seine Tochter, die an ein kostenpflichtiges Privatgymnasium ging. Ob wegen der Renommiersucht ihrer Mutter oder wegen mangelnder Begabung konnte ich nicht beurteilen. Privatschulen wollen jedenfalls immer bezahlt sein. Wie viel Geduld sie bei ausbleibenden Beiträgen zeigen vermag ich nicht zu beurteilen. Sicher gibt es einen Punkt, ab dem sie drohen, dass das Kind von der Schule verstoßen wird, leider leider. Ich nehme an, mein Ex-Chef hat herausgefunden, wo dieser Punkt liegt.

Außerdem musste die Tochter unbedingt reiten, am Stadtrand, von der Wohnung aus in der ganz anderen Richtung, nur mit dem Auto in erträglicher Zeit erreichbar, mit S-Bahn und Bus jedenfalls nicht. Das erledigte auch immer seine Frau - sofern sie nicht grade einen Termin beim Friseur oder im Fitnessstudio bei ihrem Personal Trainer hatte. Wenn seine Frau aus einem dieser schwerwiegenden Gründe nicht konnte, musste der Chef seine Tochter selbst zum Reiten fahren und leider seine Arbeit liegen lassen.

‚Etwas-weniger-Geld’ hätte auch ‚etwas-weniger-Reiten’ bedeuten können. Nur fehlte der Frau vom Chef das Verständnis dafür. Folgerichtig hätte 'etwas-weniger-Reiten' zu 'etwas-mehr-Zeit-für-die-Erledigung-wichtiger-Aufgaben-im-Büro' führen können. Angesichts der Lage eine wünschenswerte Entwicklung. Hätte - können.

Nach einem Jahr führte aber ‚etwas-weniger-Reiten’ zu ‚etwas-mehr-Zeit-beim-Anwalt’. Was nun eintrat war absehbar, wenn ein Mann die familiären Belange und persönlichen Bedürfnisse einer Partnerin auch so sehr missachtet: Seine Frau ließ sich nun doch scheiden. Wie ich die gierige Gattin kennengelernt habe, sicher nicht zu ihrem Nachteil. Meine Beobachtung: Er bezog eine Wohnung in der Innenstadt. Von da aus konnte er immerhin zu Fuß ins Büro kommen. Der Jaguar war nämlich irgendwann doch weg.




... to be fortcontinued in kürze ... hier: Zahlungsmoral (23)

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