15 Mai 2010

Zahlungsmoral (13)

eine fast nicht erfundene Geschichte


Was bisher geschah:
Unser ehemaliger Auftraggeber, ein unbegabter Architekt, hat uns nicht bezahlt, weil ihn die Ausgabe reute. Wir zahlen ihm das jetzt heim.

...

Damit das Misstrauen nicht vorzeitig nachließ spannte ich zwei Freunde ein. Ich erzählte ihnen von dem Vorgang. Sie hatten viel Verständnis. Binnen kurzem meldeten sie sich als angebliche Mitarbeiter ebenfalls beim Bauherrn und fragten nach wegen ihres ausgebliebenen Honorars. Der kannte nicht alle Mitarbeiter meines Architekten persönlich und musste das vorläufig hinnehmen. Wahrscheinlich wäre er auch gar nicht auf die Idee gekommen, dass da Phantome anriefen, die gar nicht zum Büro gehörten.

Meine eine Freundin trug richtig dick auf und putzte den Bauherren herunter: "Was erlauben sie sich eigentlich? Ich muss meine Miete zahlen! Ich habe feste Kosten!" Der wusste gar nicht, wie ihm geschieht, ein Irrtum, sicher nur ein Irrtum. Dass die Frau noch nicht einmal im betreffenden Büro arbeitete konnte er nicht nachprüfen - er fragte ja nicht. Ich saß währenddessen neben dem Telefon und gluckste.

Mein anderer Freund erzählte eine rührselige Geschichte von Kindern und dem Haus, das er abbezahlen muss. "Da darf man auf keinen Fall in Verzug kommen! Sonst kündigt die Bank den Kredit!" Mein Freund kennt sich aus, er hat tatsächlich Kinder und auch ein Haus, das er abbezahlt. Wenn er manchmal ins Schwimmen kommt, kann ich ihm leider mit Geld nicht aushelfen. Er hat das bisher auch immer selbst hingekriegt. Trotzdem war ich ihm für seinen Beistand dankbar.

Mein Ex-Chef stand vor seinem Auftraggeber nun als skrupellos geiziges Schwein da, das selbst den bedürftigsten Mitarbeitern ihr rechtmäßiges Einkommen vorenthält. Ein Eindruck, der nicht allzu weit von der Wirklichkeit entfernt lag. Ein vernünftiger Mensch würde jetzt erwarten, dass sich an dieser Stelle die Hyänen erkennen und miteinander solidarisieren. Aber Geschäft hat nichts mit Vernunft zu tun.

Alle solche Vorkommnisse führen einen geschäftstüchtigen Auftraggeber nämlich geradewegs in eine ganz andere, vorhersehbare Richtung: Er probiert aus, was denn wohl passiert, wenn er wirklich mal nicht zahlt.

"Oh, ein Irrtum, das tut mir leid! Da muss was schiefgegangen sein!" Beim ersten mal genügt das als Ausrede. Beim zweiten Mal nicht mehr. "Nein, wir haben doch schon vorletzte Woche überwiesen, aber das Geld ist zurückgekommen..." Völliger Blödsinn, Geld kommt nicht von selbst zurück. Wird aber trotzdem immer wieder behauptet.

"Ah, Verzeihung, ein Zahlendreher! Wir werden das gleich beim nächsten Rechnungsdurchlauf korrigieren!"
"Was für ein Rechnungsdurchlauf?"
"Na DER Rechnungsdurchlauf. Wenn unsere Buchhalterin da ist, überweist sie an dem Tag die offenen Rechnungen."
"Und wann ist ihre Buchhalterin wieder da?"
"Übernächsten Freitag."
"Was? Das sind noch fast zwei Wochen!"
"Ja, und?"
"Was heißt hier 'ja, und?' "
"Unser Rechnungsdurchlauf ist immer nur alle zwei Wochen. Da hat sich noch nie jemand beschwert." Was natürlich auch gelogen ist.

Wer das Geld hat, sitzt am längeren Hebel. Und übertriebenes Mitleid ist ihm in der Regel fremd. Ich kannte leider nur den einen Auftraggeber des Büros und konnte meinen Chef also vorläufig nur dort anschwärzen. Aber immerhin.

Wenn jemand im Geschäftsleben dringend Geld braucht, ist das für seine Geschäftspartner nicht etwa das Signal, dass sie jetzt besonders eilig das ihm zustehende Geld überweisen müssten. Ganz im Gegenteil: Sie ziehen daraus den Schluss, dass man ihn jetzt leichter herunterhandeln kann. Vielleicht geht er ja vorher pleite.

Wer zugibt, dass er Geld braucht, bekommt ganz bestimmt keins. Der aufmerksame Geschäftsfreund geht nämlich folgerichtig davon aus, dass sich ein derart Gestrauchelter nun vielleicht auch keinen Anwalt mehr leisten kann.

Gerichtskostenvorschüsse wollen auch eingezahlt werden. Und wer Geld haben will, muss beweisen, dass es ihm auch wirklich ehrlich zusteht. Wer kein Geld hat, muss erst einmal zahlen, damit er sich überhaupt die Chance erhält, jemals wieder welches zu kriegen. Das ist die verquere und gleichzeitig konsequent angewandte Logik.

Aber schon die Spur eines Zweifels bringt den finanziellen Fluss ins wieder Stocken.





... to be fortcontinued in kürze ... hier:  Zahlungsmoral (14)

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