25 März 2010

mond mond

von meinem fenster aus kann ich den mond sehen
wenn ich nachts am schreibtisch sitze
dem tisch mit dem blick über die brücke
über den sbahngraben
über die ehemalige hauptverwaltung der bvg
und der himmel weiß
was da früher noch alles verwaltet wurde
die hauptverwaltung auf der immer eine flagge hängt
der himmel weiß weshalb
ein sogenanntes hoheitszeichen
hoheit ist wohl so
dass sie sich unwohl fühlt ohne flaggen

und hinter der hauptverwaltung
und ihrer flagge
geht der mond manchmal unter
hinter der keuzung unter der hauptverwaltung
mit ihrem reichlichen überfluss an ampeln
wo immer fünf lichter gleichzeitig
rot anzeigen, oder gelb oder grün
oder jede andere farbe
die der fahrende passant so braucht
oder der gehende damit er nicht
überfahren wird

von meinem fenster aus sehe ich im mondlicht
die nachtschwärmer heimkehren
über die brücke herauf zur insel
bevor sie sich unten an der ecke
voneinander verabschieden
geräuschvoll und innig
um sich morgen ganz früh
mit derselben freude
wieder zu begrüßen
oder spätestens
übermorgen
ganz früh

von meinem fenster aus sehe ich unter dem mond
blaubelichterte fahrzeuge zu tatorten eilen
zu unfallstellen
zu anfallstellen
zu vorfallstellen
oder wo immer jemand mit blaulicht
gerade gebraucht wird
so dringend gebraucht wird dass
ein blaulicht gerade so ausreicht
um gerade noch reichtzeitig zu kommen
und manchmal
trotzdem
zu spät

von meinem fenster aus sehe ich
wie sich wolken vor den mond schieben
und wieder verschwinden
ihn manchmal in zarten dunst einhüllen
und manchmal in reines schwarz
finsternis die das melancholische leuchten des mondes
schlagartig ausschaltet
aber ebenso schlagartig
auch wieder erscheinen lässt
wie es ihr beliebt

von meinem fenster aus sehe ich den mond zuweilen
strahlen wie einen kugelrunden diamanten
so dass jede facette
beinah jede furche
mit bloßem auge zu erkennen ist
aber auch wie
kurz vor dem erreichen des horizonts
zwischen schornsteinen
und rotierenden mercedessternen
und ganz unhoheitlich herabhängenden flaggen
in dunkles rot getaucht
verblassen und versinken eins sind

aber bevor das noch geschieht
zieht der mond gemächlich seine bahn
mit einem blassen schimmer
in der feuchten luft
mit einem heiligenschein
mit einer krone aus dunst
oder hochnebel
oder sehr hoch schwebenden eispartikelwolken
oder irgendeiner anderen poetischen
erscheinungsform des wassers

der mond hat einen hof
wir werden regen kriegen



auf diesem sonst höchst authentischen foto leider kein hof um den mond. andere fragwürdige witze über hof aber bei bedarf hier.

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