30 April 2009

Musik und Tön


IV. Staffel - Bustourkatharsis

7. Vom Dazulernen


und denn kam wieder mal der linus. dieset dreiste bürschchen, mit dem ick schon paarmal an'nander jeraten war. ausm krankenhaus war er wieder raus, den prozess hatte er verloren und seine eltern lagen im kriech mit der krankenversicherung. die wollte die kohle vom krankenhaus und der behandlung wiederhaben.

nu hätte er sich ja still verhalten und zur schule jehen können. oder wenichstens ne ausbildung machen und jeld verdienen. denn wäre er weg von die straße jewesen. dit is doch janz schön, wenn man als jugendlicher jeld hat.

aber linus fand dit wohl nich so bedeutend. irgendwann sehe ick ihn draußen mit nem haufen jungs rüpeln und ahne schon unheil und denke mir noch „ach nee, nich schon wieder" - aber er muss ja in mein bus einsteigen.

noch bevor ick ihm ne warme ansprache halten kann reißt er ne pistole hoch und zeicht damit auf mich und brüllt „jetzt bist du fällig, du sack! ich mach dich fertig! los runter! auf die knie! du sollst winseln du hund!"

und ick sage noch zu ihm „ick an deiner stelle würde dit nich machen..."

bei solchen jelegenheiten sollen wir busfahrer möglichst ruhich bleiben. dit wird sogar jeübt, in so besondere seminare. kann ja immer mal vorkommen diss man überfallen wird, oder eener durchdreht. unser kursleiter sachte denn immer „de-eskalation, meine damen und herren! de-eskalation!" ick habe schon verstanden, wat er meint, aber dit klingt einfacher als et is.

so weit kams aber jar nich, diss ick viel hätte deeskalieren können. der linus mit seine waffe stand jenau zwischen meine kasse und siggis stammplatz, war sowieso nich weit. in wenijer als nem wimpernschlach war siggi da, hatte dem jungen die pistole abjenommen und ihn irgendwie umjehauen. also: zu fall jebracht. jelernt is jelernt. denn prüfte er waffe, sicherte da irgendwat und warf die hinter meine kasse.

der junge versuchte wohl, sich zu wehren, oder vielleicht wollte der sich einfach nur befreien. mit sowat hatte der bestimmt nich jerechnet, der hatte sich die sache sicher anders vorjestellt. ick denke lieber nich dran, wat der sich wohl vorjestellt haben mag.

aber nu lag er unten, schlug um sich, so jut er konnte und strampelte, und beschimpfte mich und siggi mit alle schlimmen wörter die er wusste. dit warn ne janze menge. die kinder lernen ja heute sachen uff die straße die se selber jar nich verstehen. irgendwat falschet muss er dabei jedenfalls jesacht ham, bei siggi brannte nämlich die letzte sicherung durch. und denn fing er an auf den linus einzuprügeln, wahnsinnich, wie ein besessener. ick saß einjeklemmt hinter meine kasse und kam da nich raus während siggi raste.

keener traute sich, dazwischen zu jehen, ick hätte mich ooch nich jetraut, so wie der wütete. und ick kann dit ooch keenem von die fahrjäste verübeln. dit war, als würde man in ne laufende kettensäge fassen wollen.

zu anfang hatte der linus noch lautstark jejammert, die heulsusennummer kannte ick ja schon. denn wurde er leiser und hat jeröchelt und jehustet, und ick denke bei mir "der simuliert immer besser!" aber irgendwann war er still. nur dass siggi nich aufhörte ihn zu vermöbeln.

und er traktierte den jungen immer noch, als der sich schon lange nich mehr rührte. dit dauerte wirklich ne janze weile und jing anscheinend so lange, bis ihn endlich die kraft verließ.

als er nich mehr konnte stand er keuchend da und sah runter auf den reglosen haufen aus fleisch und vülle blut der vor meiner kasse lag.

denn isser raus, wie in zeitlupe. die kumpane von dem linus hatten zuerst noch jelacht, aber als sich die sache hinzooch standen se mit offenem mund da. keener sachte wat, als siggi ausstiech und sie ham alle nen schritt nach hinten jemacht.

hätte ja ooch sein können diss jetz eener den siggi anpöbelt und dit wissen will - aber keener regte sich. ob die nu von sich aus jar nich so aggressiv waren, oder einfach zu feige, kann ick nich sagen. jedenfalls rührte sich nüscht und siggi setzte sich janz langsam auf die bank an der bushaltestelle.

ick habe irgendwann die fassung wieder jefunden und sachte zu die fahrjäste „na, denn werde ick mal n krankenwagen rufen, wa? könn' sie bitte noch hierbleiben, ick gloobe wir brauchen zeugen?"

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