25 Januar 2007

Prenzl'berg


Buchkritik kürzlich im abonnierten Qualitätsblatt

Mein Gott, Tagesspiegel!

Muss denn ein so ausgewiesen ahnungsloser Autor wie Euer Stefan Berkholz ausgerechnet die Berlinbücher besprechen? Der könnte doch genauso kompetent Adventskalender und Tierkinder-Fotobände rezensieren.

Wieder so ein Schreiber, der überlegen und selbstsicher behauptet, die Bezeichnung "Prenzlberg" hätten Zugereiste erfunden. Gefühltes Wissen. Dabei ist das bestenfalls eine Insider-Sage, mit der sich die zugewanderten Auskenner-Schwaben in Prenzl'berg gegenseitig ihre Zugehörigkeit zur Peer-Group bestätigen.

Jedenfalls: Wenn man *vor 1989* an der Invalidenstraße einreiste und dann mit dem Auto Kurs Richtung Nordosten nahm, kam man irgendwo nahe der Zionskirche an einem Wegweiser vorbei. Dieser beschrieb den etwas komplizierten Weg nach "PRENZL'BERG". Genau: Mit Abkürzungsapostroph, weil so lange Wörter auf diesem begrenzten Straßenschild nicht vorgesehen waren. Und wie spricht man PRENZL'BERG wohl aus? Na? Bingo!

Dass Zugereiste in der Hauptstadt der DDR Schilder aufstellen durften, mag man sich eher nicht vorstellen. Aber dass sich wirklich jedem Westler die Sache mit dem "Plaste und Elaste aus Schkopau" beim ersten mal Lesen ins Stammhirn brannte ist vielen noch in Erinnerung. So ähnlich mag sich die Sache mit dem Prenzl'berg entwickelt haben. Also, Nachhilfe für den Autor Stefan Berkholz: Erfunden hat das die DDR, für die Verbreitung dieser hübschen Skurrilität sorgten dann vielleicht andere.

Fragt sich nur, wie lange man in Berlin wohnen kann, ohne dass man mitkriegt, dass der berüchtigte Arbeiterbezirk beim Berliner eben "DER Wedding" heißt und nicht etwa "DAS unselbständige Verwaltungsgebilde Wedding". Merke: Einige Stadtbezirke sind Neutrum, Charlottenburg oder Pankow etwa, sogar Mitte. Aber Wedding ist maskulin. Deshalb hält sich der Einheimische IM Wedding auf, aber IN Mitte.

Bitte lasst Stefan Berkholz was anderes schreiben. Aber jetzt gebt ihm erstmal frei, damit er zum Üben nach Hause gehen kann. Dort sagt er 50 mal: Prenzl'berg, Prenzl'berg, Prenzl'berg...


Ich habe das sogar einmal in breitem Sächsisch und voll der Empörung gehört:
"Mior hom domols gor nüsch so gesocht: Brenzlbersch!"
So viel zum Gehalt des Begriffs "wir".

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