08 Januar 2007

Fernsehtürme

Präludium
Fernsehtürme sind ja immer geeignet, mit Superlativen zu protzen. Ein Versprechen, das dann nie eingehalten wird, weil irgendwo immer noch ein höherer steht. Der geachtete Zeichner Sven K. lebt seit einiger Zeit in Berlin und kämpft hier mit dem Klima.

Hauptteil
Komisch, dass wir uns bei dieser Begeisterung noch nie im Turm begegnet sind.
Der Fernsehturm-Profi geht da bei trübem Wetter hin und fährt da bei Nieselregen rauf. Wie die Stadt von oben aussieht, weiß man doch mit der Zeit auch so, und bis zum Boden reicht die Sicht alle mal... also: Meistens. Bei trübem Wetter wesen aber die Touri-Schlangen ab.

Dafür sitzt man oben in einem wunderbaren sonderbaren Drehrestaurant mit Schummerbeleuchtung und der unausweichliche Groll über das Platziertwerden ist nach kaum zehn Minuten wieder verflogen. Schlangen an der Kasse, wegelagernde Portrait-Fotografen, Kanalgeruch im Aufzugschacht und "Sie werden platziert" im Café. Letzeres funktioniert übrigens immer noch so wie zu Ost-Zeiten: Das Café ist eigentlich nie voll, aber man wartet zwanzig Minuten an der Treppe. Soviel zu den Segnungen der freien Wirtschaft. Ich gebe zu: Bis ich da oben sitze, frage ich mich jedes mal, warum ich mir sowas antue.

Es liegt wahrscheinlich am Design. Das Design ist tatsächlich so dermaßen von vorgestern, dass es einem den Atem verschlägt: Die sollen da BLOSS NICHTS DRAN ÄNDERN! Wir kennen doch alle die Bauwerke, wo sie zwischendurch mal halbherzig versucht haben, das zu modernisieren. Heute ist der Stuck in ganz Prenzl'bg aus Styropor® (könnt ihr mir ruhig glauben). Deswegen sieht das auch mancherorts aus wie Disneyland. Das Design vom Fernsehturm wurde meines Wissens seit der Einweihung nicht verändert, und die war 1969 (umgerechnet auf BRD: In den 50ern...)


hihi, Wikipedia nennt den Stil übrigens "Art Déco" ... da hab ich wohl in der Schule bei Art Déco nicht richtig aufgepasst

Das Parfüm, das mir bei der Auffahrt immer in der Nase hängt heißt "Eau de Closette", anscheinend kriegen die die Sache mit dem Abwasser nicht in den Griff (auch seit Jahrzehnten), das wär eigentlich wirklich ein Grund, den Turm zu schließen, ist schließlich unhygienisch.

Sven, der Zeichner, hatte offensichtlich noch keinen Disput mit dem debilen Aufzugführer, der gerne im Recht ist, mit beiden Füßen: Sonst wäre sein Artikel hasserfüllter und dreimal so lang. (gibt dort aber auch undebile Liftboys).

Wenn ich meinen Besuchern den Fernsehturm schmackhaft machen will, annonciere ich "den zweitschlechtesten Kaffee Berlins".... fragt mich mal nach dem schlechtesten :-)

Abgesang
Und jetzt noch eine Anekdote für die Schwindelfreien: Auf der Aussichtsplattform in 196m Höhe ü. Gelände sind die Scheiben stark nach außen geneigt, wie auf Svens Foto zu sehen. Ein Freund berichtete, dass es Leute gibt, die sich mit weit ausgestreckten Armen und Beinen da drauf stellen/legen - dann haben sie unter sich eine dünne Glasscheibe und danach nur noch 196m Luft. MEIN Vertrauen in die Berliner Glaserkunst ist nicht so groß.


Muss ich da jetzt noch irgendwas tun? Ich hab keine Ahnung, ob das mit den
Backlinks funktioniert. Werden wir ja sehen.

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